Cannabisgesetz verursacht Phantomschmerzen in Bayern

Das Cannabisgesetz verursacht Phantomschmerzen in Bayern. Dies kann man an den aktuellen Äußerungen der Staatsanwaltschaft München I gut erkennen.

Die Staatsanwaltschaft verkauft sich ja bekanntlich gerne selbst als die „objektivste Behörde der Welt“ (im Übrigen eine glatte Verkehrung des Originalzitats, siehe hier).

Wie sehr sie aber doch eine eigene Agenda verfolgt, zeigt sich aktuell bei der Abschaffung von Strafbarkeiten durch das sog. „Cannabisgesetz“ (KCanG).

Behördenleiter: Trauer über die Mittel von gestern – Gesetz offenbar nicht verstanden

Hier ließ der Leiter der Staatsanwaltschaft München I, Hans Kornprobst, durchblicken, wie wenig man sich auf die neue Gesetzeslage einlassen will und wie sehr man den Mitteln von gestern nachtrauert. Man kann förmlich zwischen den Zeilen herauslesen, wie sehr es gerade dort noch schmerzt, wo nichts mehr ist:

„Das leuchtet mir persönlich nur schwer ein“, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt etwa über das Argument, durch die Neuregelung werde die Drogen-Prävention verbessert. Im Gegenteil: Vor dem 1. April habe man strafrechtliche Mittel gehabt, jugendliche Konsumenten zum Besuch einer Beratungsstelle zu zwingen. Diese Möglichkeit gebe es nun nicht mehr.

Ja, es muss momentan schwer sein für eine bayerische Staatsanwaltschaft. Dort war die Linie ja noch bis vor kurzem, Cannabiskonsumenten trotz der Vorgaben des BVerfG zur Nichtverfolgung derartiger Bagatellen vor allem zu schikanieren.

Und jetzt kann man die jugendlichen Konsumenten nicht mehr zum Besuch einer Beratungsstelle zwingen! Jesses Maria! Wobei das nicht mal stimmt: Wenn es nämlich einen Zusammenhang einer Straftat gerade mit dem Cannabiskonsum gibt, kann man natürlich im Rahmen der allgemeinen jugendstrafrechtlichen Vorschriften noch entsprechende Beratungen als „erzieherische Maßnahme“ verlangen (vgl. § 45 JGG). Das ist beim Alkohol nicht anders und bei Alkoholkonsum hatte sich die StA bekanntlich ja in Bayern seit jeher auch nicht so.

Warum verliert der Behördenleiter eigentlich kein Wort zu § 7 KCanG – Frühintervention, der die Frühintervention bei Cannabiskonsum durch Minderjährige ausdrücklich regelt? Oder zu § 8 KCanG – Suchtprävention?

Wohl deswegen, weil das KCanG die Frühintervention bei Minderjährigen da ansiedelt, wo sie schon immer besser aufgehoben war. Bei der Jugendhilfe. Also auch hier: Schmerz, weil nichts mehr ist.

Trauer über Wegfall von Missbrauchsmöglichkeiten rechtlicher Maßnahmen durch Polizei und Staatsanwaltschaften durch das Cannabisgesetz

Pflichtschuldig springt dem Behördenleiter dann noch eine Staatsanwältin bei. Sie entwirft gleich ein weiteres, bei Strafverfolgern mit politischer Agenda sehr beliebtes, Weltuntergangsszenario: Die ORGANISIERTE KRIMINALITÄT IST ÜBERALL:

Auch die Strafverfolgung beim Handel mit Cannabis „im großen Stil und durch kriminelle Organisationen“ sei durch die Herabsetzung des Strafrahmens deutlich erschwert worden. Staatsanwältin Regina Leitner sieht das ähnlich. Sie schilderte die Probleme am Beispiel der Situation im Alten Botanischen Garten. Habe die Polizei dort früher einen Verdächtigen mit Cannabis erwischt, sei es einfacher gewesen, einen Haftbefehl zu erwirken – oder einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung. Dort habe man in vielen Fällen dann weiteres Rauschgift gefunden. Jetzt seien die Hürden für derartige Maßnahmen erheblich höher, auch wenn die Polizei den Verdacht habe, es mit einem Dealer zu tun zu haben.

Ja, genau: Wie war es früher? Da haben die Bayern doch Konsumsituationen, die für sich gesehen auch schon nach dem BtMG nicht strafbar waren, oder Besitzsituationen, die nach dem BVerfG eigentlich gar nicht verfolgt werden sollten, ausgenutzt, um Durchsuchungen oder gar Haftbefehle (!) zu erwirken. Jetzt geht das eben nicht mehr: Es tut so weh, was nicht mehr da ist.

Irgendwie lustig wird es dann weiter unten in dem Artikel. Da beklagt man nämlich den UNGEHEUREN ARBEITSAUFWAND, den das KCanG verursache.

Aber: Wer bis hierher genau mitgelesen hat, fragt sich: Was gilt denn jetzt? Wenn Durchsuchungen und Haftbefehle wegfallen, entfällt auch der mit diesem Maßnahmen verbundene Verwaltungsaufwand. Wenn man Beratungsgespräche nicht mehr erzwingen kann, fällt auch der Verwaltungsaufwand weg, den es bedeutet, die Erfüllung dieser Auflagen zu überwachen und bei Nichterfüllung zu erzwingen. Wenn ehemalige Straftaten keine mehr sind, fällt der Aufwand weg, sie zu verfolgen. Irgendwas scheint da also faul zu sein im Freistaat Bayern.

Bleibt der Mehraufwand durch die Amnestieregelungen des KCanG. Den gibt es tatsächlich. Aber gerade der Aufwand ist ja zeitlich überschaubar, denn irgendwann sind die Altfälle abgearbeitet und Neufälle gibt es insoweit eben nicht.

Im Übrigen: Als 2017 quasi über Nacht die Vermögensabschöpfung neu geregelt wurde, was für die Justiz einen MASSIVEN Mehraufwand AUF DAUER bedeutete, da hat sich komischerweise aus deren Kreisen niemand beschwert.

Daher sollte man die „Kritik“ der bayerischen Staatsanwälte als das nehmen, was sie ist: Selbstmitleid wegen Machtverlusts. Das steht einer „objektiven“ Behörde allerdings nicht gut an.

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